Klima

Klima

6. November 2021 0 Von Aljoscha

„Ich will nicht, dass Ihr Hoffnung schöpft, ich will, dass Ihr in Panik geratet.“

Die Klimawandel-Aktivistin Greta Thunberg gab keine Anlageberatung, als sie diese Botschaft auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos verkündete. Und das ist auch gut so: Panik gehört nicht unbedingt zu einer guten Anlagestrategie, wie diejenigen bestätigen können, die am Tiefpunkt des Marktes verkaufen. Doch angesichts des Klimawandels, der nach dem heißesten Juli aller Zeiten und der Verbrennung des Amazonas-Regenwaldes immer mehr in die Schlagzeilen gerät, können diejenigen, die wie Frau Thunberg der Meinung sind, dass es nicht ausreicht, auf das Beste zu hoffen, aktiv werden – indem sie investieren.

Eine neue Welle von Investitionen aus dem Privatsektor fließt in modernste technologische Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels, von der Verbesserung der Energieeffizienz über erneuerbare Speicherlösungen bis hin zu alternativem Fleisch. Solche Investitionen fallen unter den Begriff der Umwelt-, Sozial- und Governance-Strategien (ESG), einem zunehmend beliebten Anlagesegment. Anstatt bestimmte Unternehmen wie Tabak- oder Waffenhersteller zu meiden – über das so genannte Negativ-Screening – sind Investitionen in den Klimawandel eher eine Form des Positiv-Screenings, d. h. die aktive Auswahl von Unternehmen, die versuchen, etwas zu bewegen.

„Das Klima ist zum größten Thema bei ESG-Investitionen geworden“, sagt Hortense Bioy, Direktorin für passive Strategien und Nachhaltigkeitsforschung bei Morningstar. „Wir haben in den letzten Jahren eine Beschleunigung der Produktentwicklung in diesem Bereich erlebt, ausgelöst durch das Pariser Klimaabkommen von 2015 und die Notwendigkeit, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.“

Was sagt Amerika?

Ein Mann, ein Wort: Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit hat der neue US-Präsident Joe Biden sein Versprechen aus dem Wahlkampf eingelöst, die USA in eine grüne Zukunft zu führen, indem er dem Pariser Klimaabkommen beigetreten ist. Die US-Wirtschaft soll bis 2050 kohlenstoffneutral sein. Die EU-Kommission hat sich auf das gleiche Ziel verpflichtet, während China, das Land mit den weltweit höchsten Treibhausgasemissionen, die Neutralität im Jahr 2060 erreichen will. Auch Präsident Biden wirbt dafür, dass die Nationen Hand in Hand in eine ökologisch verantwortungsvolle Zukunft gehen. So will er bereits in den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft eine internationale Klimakonferenz mit den großen Wirtschaftsmächten einberufen.

STARKE INVESTITIONEN

Der Schutz der Umwelt und die Eindämmung des Klimawandels stehen derzeit weltweit ganz oben auf der Tagesordnung. Dies wird für die Länder sicherlich nicht ohne Kosten bleiben: Biden plant, in den nächsten vier Jahren 2 Billionen US-Dollar in eine nachhaltige Wirtschaft zu investieren, während der vor etwa einem Jahr ausgehandelte Green Deal der EU bis 2030 Ausgaben in Höhe von 1 Billion Euro vorsieht. Auch China treibt seine Ökoenergieprojekte voran und ist beim Ausbau der Solar- und Windenergie sogar weltweit führend. Laut UNEP-Studie entfielen 2019 knapp 30 Prozent der weltweiten Gesamtinvestitionen in Höhe von 282 Milliarden US-Dollar auf das Reich der Mitte. Um das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Ziel, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, zu erreichen, müssen die Regierungschefs allerdings die Ärmel noch weiter hochkrempeln. Berechnungen von Morgan Stanley gehen davon aus, dass bis 2050 weltweit 50 Billionen US-Dollar – das entspricht etwa 58 % der globalen Wertschöpfung – allein für den Umbau der Energiewirtschaft aufgewendet werden müssen.

HISTORISCHER WANDEL IN DER STROMERZEUGUNG

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung steigt international kontinuierlich an: 2019 lag der Anteil der grünen Technologien bereits bei 13,4 %, ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. Auch im vergangenen Jahr ging es aufwärts: Es wird davon ausgegangen, dass mehr als 198 Gigawatt (GW) an erneuerbaren Kapazitäten installiert wurden, was einen neuen Rekord darstellt. In den nächsten Jahren wird daher ein Sprung über die 200-GW-Marke erwartet (siehe Grafik). Nach den Worten von Fatih Birol, Geschäftsführer der Internationalen Energieagentur (IEA), setzt sich der Trend dynamisch fort. „Im Jahr 2025 werden die erneuerbaren Energien die größte Stromerzeugungsquelle sein und die fünf Jahrzehnte währende Vorherrschaft der Kohle im Strommix beenden.“ Bis dahin, so die Experten, werden die erneuerbaren Energien voraussichtlich ein Drittel des weltweiten Stroms liefern.

KAPAZITÄTEN STEIGEN, KOSTEN SINKEN

Sonne, Wind, Biomasse, sogar Wasser – die Möglichkeiten, saubere Energie zu gewinnen, sind vielfältig. Nach Angaben der IEA ist die Wasserkraft zwar immer noch die wichtigste Quelle für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, doch wird ihr Anteil 2024 erstmals unter 50 % sinken. Andererseits wird die kombinierte Erzeugung aus Wind- und Solarenergie stark ansteigen und sich im Prognosezeitraum auf mehr als 4.000 TWh fast verdoppeln. Der beschleunigte Ausbau von Wind und Sonne ist unter anderem auf sinkende Kosten zurückzuführen. So werden die Kosten für die Erzeugung im Solarbereich voraussichtlich um weitere 36 % sinken. Das macht Photovoltaikanlagen in vielen Ländern zur kostengünstigsten Möglichkeit, Ökostromkapazitäten aufzubauen. Die IEA sagt voraus, dass die Kosten für Onshore-Windkraft zwischen 2020 und 2025 um weitere 15 % sinken werden.